Über Psychotherapie

Abgeleitet von den altgriechischen Worten
ψυχή (psyche) „Seele“ und θεραπεύειν (therapeuein) „heilen, dienen“ bezeichnet Psychotherapie die gezielte, professionelle Behandlung seelischer Leiden mithilfe wissenschaftlich anerkannter Verfahren.

Die Psychotherapie bietet einen geschützen Raum, um das eigene Erleben und Verhalten sowie Beziehungserfahrungen besprechen, erleben und überdenken zu können und in Folge dessen Veränderungen auszuprobieren und herbeizuführen.

Es gibt derzeit vier von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannte Therapieverfahren:

  • Psychoanalyse / Analytische Psychotherapie
  • Systemische Therapie
  • Tiefenpsychologisch fundierte Therapie
  • Verhaltenstherapie (VT)

Die Analytische Psychotherapie geht davon aus, dass die Ursache der Krankheitssymptome in der konflikthaften, unbewussten Verarbeitung von Lebens- und Beziehungserfahrungen liegt. Das Erkennen und Bewusstmachen von verdrängten Gefühlen, Erinnerungen und Beziehungsmustern spielt daher eine zentrale Rolle. Dadurch kann gegenwärtiges, unverständlich erscheinendes Fühlen und Handeln verstanden und verändert werden.

Die Systemische Therapie betrachtet psychische Störungen mit einem Fokus auf Beziehungen und stellt die Nutzung eigener Kompetenzen und Fähigkeiten der Patient:innen unter Berücksichtigung des persönlichen Umfelds in den Mittelpunkt. Ihr Ziel ist es, symptomfördernde Verhaltensweisen, Interaktionsmuster und Bewertungen in neue, gesundheitsfördernde Lösungen umzuwandeln. Dabei nutzt sie u.a. im Mehrpersonensetting die Angehörigen als Ressource für die Behandlung und zur Veränderung von bedeutsamen Interaktionen und Beziehungen.

Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie nimmt an, dass Krankheitssymptome als Folge von aktuellen oder nicht bewältigten, früheren Beziehungserfahrungen und -konflikten entstehen. Die Behandlung hilft dabei, die zugrundeliegenden, unbewussten Motive und Konflikte zu erkennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Durch die Einsichten in die Zusammenhänge und Ursachen der aktuellen Symptome können Veränderungen im Erleben und Verhalten erreicht werden.

Die Verhaltenstherapie sieht psychische Beschwerden als Ergebnis von bewussten und unbewussten Lernprozessen. Gemeinsam mit den Patient:innen wird erarbeitet welche Bedingungen aus ihren Lebenserfahrungen und der aktuellen Lebenssituation zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptome beigetragen haben und welche davon weiterhin wirksam sind. Dies bildet die Grundlage für den Behandlungsplan und die Therapieziele.
Patient:innen werden zur aktiven Veränderung des eigenen Handelns, Denkens und Fühlens mittels ihrer vorhandenen Fähigkeiten und Stärken angeleitet und motiviert.

Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen eine:

  • Ambulante Psychotherapie
    • Psychotherapeutische Sprechstunden / Probatorische Sitzungen
    • Kurzzeit- und Langzeittherapie
    • Psychotherapeutische Akutbehandlung
  • Stationäre Psychotherapie

Die ambulante Psychotherapie kann in allen Psychotherapieverfahren als Einzel- oder Gruppentherapie und als Kombination aus beidem durchgeführt werden. In der Systemischen Therapie kann sie z.B. durch das Einbeziehen der Familie auch im Mehrpersonensetting erfolgen.
Die Häufigkeit der Sitzungen variiert je nach Verfahren und Behandlungsverlauf. Sie werden individuell zwischen Patient:in und Therapeut:in vereinbart.

In den Psychotherapeutischen Sprechstunden und Probatorischen Sitzungen wird abgeklärt, ob ein Verdacht auf eine krankheitswertige Störung vorliegt und weitere fachspezifische Hilfen notwendig sind. Dazu zählen sowohl eine ausführliche Diagnostik als auch die Klärung des Therapieziels.  Patient:innen mit akutem Behandlungsbedarf werden in der Akut-, Kurzzeit- oder Langzeittherapie weiterbehandelt.
Für Patient:innen, bei denen von keiner seelischen Erkrankung ausgegangen wird, werden niedrigschwellige Hilfen, z.B. entsprechende Beratungsstellen, empfohlen.

Die Kurzzeitherapie findet im Anschluss an die psychotherapeutischen Sprechstunden und probatorischen Sitzungen statt. Sie ist nicht mehr  gutachterpflichtig, d.h. es wird lediglich ein Antrag auf Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse gestellt, mit dem bis zu 2x 12 Sitzungen genehmigt werden können.
Bei Bedarf kann eine Kurzzeittherapie in eine Langzeittherapie überführt werden. Dies wird gemeinsam mit der Therapeut:in geklärt.

Liegt eine erhöhte Chronifizierung oder eine langandauernde, über Jahre bestehende, Symptomatik vor, kann es sinnvoll sein, direkt nach den psychotherapeutischen Sprechstunden und probatorischen Sitzungen den Antrag auf Langzeittherapie zu stellen. Dieser Antrag ist gutachterpflichtig, sodass bis zur Genehmigung ca. 4-6 Wochen Zeit einzurechnen sind. Die Langzeittherapie umfasst 60 Sitzungen und kann gutachterfrei um weitere 20 Sitzungen ergänzt werden.

Kurzzeit- und Langzeittherapie können als Einzel- oder Gruppentherapie sowie als Kombination aus Einzel- und Gruppentherapie durchgeführt werden. Die kombinierte Einzel- und Gruppentherapie gilt, wissenschaftlich erwiesen, als effektivste und langfristig wirksamste Behandlungsform.

Die Psychotherapeutische Akutbehandlung dient der Weiterbehandlung nach Abschluss der psychotherapeutischen Sprechstunden, wenn ein dringender Behandlungsbedarf besteht. Sie umfasst ausschließlich 12 Sitzungen im Einzelgespräch und dient der Krisenintervention mit klar formulierten Therapiezielen innerhalb des begrenzten Behandlungszeitraums.
Falls erforderlich, kann sie in eine Kurzzeit- (bis zu 24 Sitzungen) oder Langzeitpsychotherapie (60-80 Sitzungen) überführt werden. Dabei werden bereits durchgeführte Termine aus der Akutbehandlung auf die nachfolgende Psychotherapie angerechnet.

Falls die ambulante Psychotherapie nicht möglich oder nicht ausreichend sein sollte, ist es sinnvoll sich in eine stationäre Therapie zu begeben.
Dies trifft mitunter auf Personen mit

  • akuter Selbst- und/oder Fremdgefährdung,
  • Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit, die intoxikiert sind und/oder unter Entzugssymptomen leiden,
  • hirnorganischen Beeinträchtigungen oder akuter Psychose

zu. Durch die 24 Stunden Betreuung im stationären Rahmen erhalten diese Personen zielführendere Unterstützung und Hilfen, die ambulant mit i.d.R. einer Therapiesitzung pro Woche nicht möglich sind.

Psychische Erkrankungen wirken sich auf die Wahrnehmung, das Verhalten sowie das geistige und körperliche Wohlbefinden aus. Diese können durch gewisse Lebensereignisse stark beeinträchtigt sein und mit Einschränkungen der Lebensqualität einhergehen.

Eine Psychotherapie ist ratsam, wenn psychische Probleme zu Krankheitserscheinungen führen und die Anforderungen des alltäglichen Lebens nicht mehr bewältigt werden können.

Die Empfehlung zur ambulanten Psychotherapie kann von mitbehandelnden Ärzten, im Anschluss an eine stationäre Behandlung oder auch durch aufmerksame Verwandte und Freunde ausgesprochen werden. Zur Klärung einer Behandlungsrelevanz dienen die ersten Sitzungen einer Psychotherapie (sog. „psychotherapeutische Sprechstunden“ und „probatorische Sitzungen“).

Psychotherapeutische Behandlungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung dürfen von folgenden Personen durchgeführt werden, sofern sie über eine Kassenzulassung verfügen:

  • Psychologische Psychotherapeut:innen
  • Kinder- & Jugendpsychotherapeut:innen
  • Psychotherapeutisch tätige Ärzt:innen

Da Psychotherapie davon lebt, dass Patient:innen sich wohlfühlen und offen über alles sprechen können, ist das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und den Therapeut:innen für den persönlichen Therapieerfolg grundlegend wichtig.

Überlegen Sie sich daher vorab, welches Gegenüber sie brauchen, um vertrauensvolle Gespräche führen zu können. Vielleicht spielt für Sie das Geschlecht des Therapierenden eine Rolle? Oder Sie möchten ein spezielles Thema bearbeiten und suchen gezielt nach darin fortgebildeten Personen?

Die Suche beginnt oft im Internet, z.B. auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes. Dort gibt es aktuelle Listen mit allen zugelassenen Psychotherapeut:innen. Sie können jede in diesem Register eingetragene ambulante Praxis kontaktieren. Eine Überweisung, z.B. von Ihrer Hausarztpraxis, ist nicht erforderlich. Die Vorlage Ihrer elektronischen Gesundheitskarte reicht aus.
Suchen Sie sich ruhig mehrere Praxen heraus, denn einen Termin zu erhalten kann einerseits mit längeren Wartezeiten verbunden sein, andererseits sollte die Chemie zwischen Ihnen und den Therapierenden stimmen – daher kann es hilfreich sein verschiedene Therapeut:innen kennenzulernen.

Haben Sie eine Auswahl getroffen, kontaktieren Sie die Praxen am Besten telefonisch während der Sprechzeiten und vereinbaren einen Termin. Möglicherweise werden Sie hier bereits Gelegenheit haben von sich zu erzählen, damit die Therapierenden sich auf das Erstgespräch vorbereiten können.
Hinterlassen Sie ggf. eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter.

Nehmen Sie den vereinbarten Termin wahr. In diesem Erstgespräch können Sie nachspüren, ob Sie sich wohlfühlen und vertrauensvoll über Ihr Erleben, Verhalten und Ihre Beziehungserfahrungen sprechen können. Sie klären gemeinsam, ob das geplante Psychotherapieverfahren Ihren Erwartungen entgegenkommt oder eine andere Maßnahme für Ihre individuelle Problemlage geeignet ist.

Die Therapeut:innen sollten Ihnen empathisch, respektvoll und wertschätzend begegnen und Sie umfassend über das Vorgehen informieren.

Für das gegenseitige Kennenlernen stehen ca. 3-5 Gesprächstermine (sog. „probatorische Sitzungen“ und „psychotherapeutische Sprechstunden“) zur Verfügung. Danach stellen Sie mit Unterstützung Ihrer gewählten Therapeut:in, einen Therapieantrag bei Ihrer Krankenkasse.

Alle psychotherapeutischen Behandlungen finden i.d.R. über das persönliche Gespräch statt und können durch spezielle Methoden und Techniken, z.B. der freien Mitteilung von Gedanken und Ideen, konkreten Aufgaben sowie spielerischem Handeln, ergänzt werden. 

Ob die Behandlung als Einzel- oder Gruppentherapie erfolgt wird vorab mit Ihnen besprochen und festgelegt.

Die Einzeltherapie besteht aus Gesprächsterminen zwischen Ihnen und Ihrer Therapeut:in. Diese haben eine Dauer von 50 Minuten.
Manchmal, insbesondere bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen, ist es hilfreich und notwendig, Personen aus dem familiären und sozialen Umfeld mit einzubeziehen. 

In der Gruppentherapie findet das Gespräch in einer vom Therapierenden geleiteten Gruppe statt und hat eine Dauer von 100 Minuten. Sie nutzt die zusätzlichen Beziehungserfahrungen und das wechselseitige Lernen zwischen den Patient:innen in der Gruppe für die Therapie.

Die Psychotherapie bietet Ihnen einen geschützen Raum, um das eigene Erleben und Verhalten sowie Beziehungserfahrungen zu besprechen, zu erleben und zu überdenken und darauf basierend Veränderungen herbeizuführen.
Für Ihren persönlichen Therapieerfolg ist daher das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrer Therapeut:in von größter Wichtigkeit.

Entstehen im Verlauf der Therapie Veränderungswünsche, Kritik o.ä., bringen Sie diese zeitnah vor, um sie besprechen zu können.

Die gesetzlichen Krankenkassen tragen die Kosten für eine Psychotherapie, wenn diese zur Behandlung einer psychischen Erkrankung notwendig ist. Auch die ambulante Psychotherapie ist eine zuzahlungsfreie Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.

Haben Sie mit in Frage kommenden Therapeut:innen Erstgesprächstermine vereinbart, stehen für das gegenseitige Kennenlernen ca. 3-5 Sitzungen (sog. „probatorische Sitzungen“ oder „psychotherapeutische Sprechstunden“) zur Verfügung. Die Therapeut:innen erklären Ihnen die genaue Vorgehensweise. Ein Behandlungsplan, Therapieziele und die voraussichtliche Therapiedauer werden gemeinsam besprochen und festgelegt.

Entscheiden Sie sich für die Psychotherapie, stellen Sie mit Unterstützung Ihrer gewählten Therapeut:in, einen Antrag auf Kostenübernahme bei Ihrer Krankenkasse. Nach Eingang des Antrags prüft die Krankenkasse, ob eine Kostenzusage erfolgen kann und teilt Ihnen dies mit.

Falls Sie im Verlauf der Therapie Ihre Krankenkasse wechseln, teilen Sie dies der Praxis zeitnah mit, damit Ihnen keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Privatversicherte & Selbstzahlende
Bei Privatversicherten und Selbstzahlenden wird der Behandlungsvertrag zwischen Patient:innen und Therapeut:innen geschlossen, sodass die Patient:innen selbst für die Kosten aufkommen. Sofern eine Psychotherapie durch Ihre privaten Krankenversicherung abgedeckt wird, können Sie die Kosten anschließend von Ihrer Krankenkasse erstattet bekommen. Klären Sie dies vor der Inanspruchnahme einer ambulanten Psychotherapie mit Ihrer zuständigen Krankenkasse (u.a. auch Beihilfe) und holen Sie die notwendigen Unterlagen ein.